Investition in Radwegenetze: JETZT!

Noch nie war die Situation für Investitionen in die Radinfrastruktur so günstig wie jetzt. Denn am 25. Januar 2021 startete das Sonderprogramm „Stadt und Land“. Hier stellt das Bundesverkehrsministerium (BVMI) bis 2023 insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro aus dem Klimapaket für den Radverkehr über verschiedene Fördertöpfe bereit.
Förderanträge für hochwertige, sichere und leistungsfähige Radverkehrsanlagen können ab sofort von Kommunen über die Bundesländer gestellt werden. Gefördert werden Planung und Herstellung flächendeckender, geschützter und möglichst getrennter Radwegenetze – auch durch Umverteilung des vorhandenen Straßenraumes.
Dieses Programm ist sehr begrüßenswert, da es auch für unsere Gemeinde eine große Chance bietet, die Dörfer besser miteinander zu verbinden.

Qualität zählt

© ADFC Christoph Mischke

 

Bei der Qualität setzt der Bund neue Maßstäbe und macht klare Vorgaben, wie gute Radinfrastruktur überhaupt gestaltet sein muss, damit sie Menschen aller Altersgruppen zum Radfahren einlädt.

ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) endlich als Basis

In der Verwaltungsvereinbarung zum Sonderprogramm ist ausdrücklich festgehalten, dass ein „hochwertiger Standard für alle Nutzergruppen“ umgesetzt werden soll, der eine „hohe Verkehrssicherheit und ein hohes subjektives Sicherheitsempfinden“ garantiert. Halbherzige Radinfrastruktur schreckt die meisten Menschen vom Radfahren ab und motiviert sie eher, sich aus Sicherheitsgründen lieber ins Auto zu setzen.

Kein Interesse für´s Radfahren im Landkreis Schweinfurt?

Beim Fahrradklimatest im vergangenen Herbst (bundesweite Umfrage zur Fahrradfreundlichkeit, die der Fahrradclub ADFC alle zwei Jahre gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium durchführt), beteiligten sich trotz Bitte um rege Teilnahme in einem unserer Rundbriefe nur 12 Personen aus der Gemeinde Kolitzheim (in Geo 13). Auch die Mitgliederzahl beim ADFC aus dem südl. Landkreis ist sehr überschaubar. (ADFC: über 200.000 Mitglieder, über 30.000 in Bayern). Daraus schließe ich: Rad fahren ist im südl. Landkreis Schweinfurt kein Thema.

Wir kennen es alle: Wollen wir einkaufen, in die Kneipe, zur Arbeit, zu Freunden, setzen wir uns ins Auto und fahren dorthin. Es bleibt uns meist auch nichts anderes übrig, da es keine andere Möglichkeit gibt, um sicher von hier nach dort zu kommen. In den letzten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts wollten wir immer freier, individueller und mobiler sein, so dass das Auto und dessen Infrastruktur immer besser entwickelt wurden. ÖPNV und Radverkehr verloren immer mehr an Attraktivität und galten zeitweise sogar als Mobilitätsträger für wenig betuchte Leute.
Heute ist in vielen Großstädten schon die Trendwende eingeläutet. Dem Fahrrad wird mehr Platz und damit mehr Attraktivität zugewiesen.

Auch die Bayerische Staatsregierung hat im Jahr 2017 das Versprechen abgegeben, den Radverkehrsanteil im Modal-Split von durchschnittlich 11% auf 20% im Jahr 2025 fast zu verdoppeln. Im Landkreis Schweinfurt ist der Anteil des Fahrrads im Modal-Split deutlich unter 10%.

AGFK Bayern als Interessengemeinschaft

Auch in der Stadt Schweinfurt und im Landkreis hat man diesen Trend erkannt. Es gibt ein paar wenige und viele hilflose Versuche, den Radfahrenden eine Möglichkeit zur Teilnahme im Straßenverkehr zu geben. Die Stadt Schweinfurt ist seit 2015 Mitglied in der AGFK (Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen), der Landkreis bewirbt sich momentan um eine Mitgliedschaft.

(Die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern e.V. (AGFK Bayern) bringt den Freistaat aufs Rad. Derzeit besteht sie aus 77 Kommunen, die durch konkrete Projekte und Aktionen besonders den Radverkehrsanteil im Rahmen einer umweltfreundlichen Nahmobilität bei der Verkehrsmittelwahl vor Ort erhöhen will. Dazu zählen sowohl die Förderung einer radverkehrsfreundlichen Mobilitätskultur, als auch der Ausbau von Radwegen und die Erhöhung der Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer.)

Fast jeder besitzt ein Fahrrad (ca. 76 Mio. Fahrräder 2020 in Deutschland), benutzt es aber nur selten, und dann meist nur für Ausflüge oder Radtouren in anderen touristischen Regionen.

Jetzt ist es an der Zeit, dass unsere Vertreter*innen in den kommunalen Gremien das Thema Rad als zukunftsweisenden Mobiltätsträger ernst nehmen und die Förderungen durch Bund und Land zügig in Anspruch nehmen.

Hildegard Hermann , stellvertr. Vorsitzende ADFC-Schweinfurt