BÜRGERHAUSHALT – ein innovatives Instrument zur Erweiterung der Bürgerbeteiligung in unserer Großgemeinde?

Kommunale Selbstverwaltung lebt vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Neben die klassischen Formen des Mitwirkens in den Vertretungen müssen angesichts der rasanten gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre neue Beteiligungsformen treten. Bürgerinnen und Bürger, die weniger Zeit für ein dauerhaftes und kontinuierliches Engagement aufzubringen vermögen, können somit eingebunden und auf den wirklich relevanten Feldern der Kommunalpolitik Möglichkeiten zur Mitwirkung geboten werden.

Mit Hilfe des BÜRGERHAUSHALTS kann ein simples und vorschnelles „das geht beim besten Willen nicht“, oder „das gibt es ja nirgends in der Gemeinde“ eines Einzelnen überwunden und in eine kreative und bedarfsgerechte Auswahl an Handlungsalternativen zur konstruktiven Begegnung von Herausforderungen überführt werden.

Was ist ein BÜRGERHAUSHALT?
In einem Kurzvideo der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) wird das Grundprinzip eines BÜRGERHAUSHALTS recht anschaulich dargestellt:

https://www.buergerhaushalt.org/de/article/erklaervideo-was-ist-ein-buergerhaushalt

Im Kern geht es beim BÜRGERHAUSHALT darum, Bürgerinnen und Bürgern Wege zu eröffnen, direkten Einfluss auf die Schwerpunktsetzung im Haushalt zu nehmen, wobei sie den verantwortlichen Politikern der Gemeinde Vorschläge machen, wofür sie Geld einsetzen sollten, aber auch wo sie Geld einsparen oder zusätzliches Geld einnehmen könnten. Ihre Anregungen sollen in den Haushalt eingearbeitet werden.

So ist es im Rahmen der gesetzlichen Haushaltsgrundsätze in einer beschlossenen und bestätigten Haushaltssatzung möglich, gesonderte Haushaltstitel für bürgerschaftliche Initiativen mit örtlichem Bezug auszuweisen, über dessen Verwendung die Bürger im Einzelfall mitentscheiden können. Als sog. Bürgerbudget hat sich etwa die Möglichkeit etabliert, Vorschläge für eine bestimmte Verwendung dieses Budgets bei der Gemeinde einzureichen und durch die Einwohner über die Vorschläge abstimmen zu lassen (1). Praktiziert wird auch die Bewerbung um bestimmte Projektmittel, über deren Vergabe dann eine Bürgerjury entscheidet (sog. Kiezfonds) (2).

Der BÜRGERHAUSHALT ist kein Instrument der direkten Demokratie, jedoch ist er eine Erweiterung der Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten. Die letzte Entscheidung liegt bei den gewählten Repräsentanten der Kommune.

Ehrlichkeit und Offenheit als Voraussetzung

Zwei Dinge sind für die Umsetzung allerdings unerlässlich. Notwendig ist der Wille der Verwaltungsspitze, sich wirklich für Bürgerinnen und Bürger zu öffnen. Geht es eher darum, sich nur symbolisch mit dem Thema Partizipation zu beschäftigen, ergeben sich Gefahren für die lokale Demokratie in der Kommune. Weiterhin ist ein offener und ehrlicher Umgang mit den Möglichkeiten und vor allem den Grenzen eines solchen Projektes geboten.

Wer falsche Hoffnungen weckt, wird enttäuschte Bürgerinnen und Bürger zurücklassen, die sich nicht so bald wieder für die kommunale Demokratie begeistern lassen. Es sollte also klar aufgezeigt werden, wie weit der direkte Einfluss reicht und wie groß oder klein die finanziellen Spielräume der Kommune sind.

Was gilt es bei der praktischen Umsetzung zu klären?

Besondere Bedeutung kommt der Frage zu, wie man Vorschläge einbringen kann und wer dann wie darüber entscheidet.
• Wird über sie noch einmal abschließend durch die Bürgerschaft abgestimmt oder übernehmen die Mitglieder des Gemeinderats die Auswahl?
• Bei wie vielen Veranstaltungen und in welcher Form kann Einfluss genommen werden?
• Wird das Internet oder auch die klassische postalische Form für das Verfahren genutzt?
Wird von der Bürgerschaft gesprochen, so handelt es sich dabei zumeist nicht um eine homogene Gruppe. Innerhalb der Bürgerschaft können sich Interessen(gruppen) auf ganz unterschiedliche Arten zusammenfinden und organisieren. Hieraus ergibt sich die Frage, wie z.B. mit Vereinen, Initiativen und sonstigen Gruppen im Verfahren umgegangen wird.

Erste Schritte
Ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr direkter Mitbestimmung im Finanzbereich ist die Schaffung von mehr Transparenz. Dazu gehört eine ausreichende Information über das Haushaltsgeschehen. Das betrifft sowohl die Inhalte als auch die Form der Information. Es reicht nicht aus, den Haushalt einfach nur zu veröffentlichen (z.B. im Internet). Die Sprache der Verwaltung ist so zu übersetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger die wesentlichen Informationen schnell und leicht verständlich erhalten, z.B. anhand eines „Haushalts-ABC“, das die wichtigsten Begriffe erklärt und weitere Informationen zum Haushalt enthält.

Was kann jeder Einzelne tun?

Lassen Sie aus dem Haushalt unserer Gemeinde einen Bürgerhaushalt werden! Fragen Sie die kommunalen Vertreter nach dem wichtigsten jährlich zu fassenden Beschluss. Drängen Sie auf Transparenz. Unsere Kommune lebt durch die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn Sie sich einmischen, wird aus diesem Sonntagsspruch Realität!

(1) vgl. Satzung zum Bürgerbudget der Stadt Prenzlau, öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt für die Stadt Prenzlau 05/2017 vom 3. Juni 2017, S. 3
(2) Karolina Wrobel: Mit dem Kiezfonds lassen sich Nachbarschaftsprojekte stemmen, Berliner Woche, 26. Mai 2017